Geduld und Humor sind zwei Kamele die mich durch jede Wüste bringen.
Arabisches Sprichwort

Via Adrina - Wittgensteiner Land - Rund um die Eder zwischen Arfeld und Schwarzenau

1. Mai 2020, normal ziehen Kohorten von jungen Menschen mit Bollerwagen durch die Wälder. Laute Musik dröhnt, die Stimmung ist ausgelassen und für kühle Getränke ist auch gesorgt.
Dies Jahr ist alles anders. Die Corona Pandemie hat uns voll im Griff. Es gibt eine Kontaktsperre und nicht mehr als zwei Menschen dürfen in der Öffentlichkeit gemeinsam unterwegs sein. Außer alle sind Brüder und Schwestern, oder so.
Dieser 1. Mai ist gespenstisch und es ist vollkommen ruhig im Wittgensteiner Land.

Letzte Nacht habe ich auf dem Giller übernachtet. Neben mir ein weiteres Wohnmobil, ansonsten war der Parkplatz leer.
Abends konnte ich noch, in der aufziehenden Dunkelheit, eine Runde mit den Hunden rund um Rodelbahn und Skihang drehen.

Es ist einfach wunderbar morgens in der Natur auf zu wachen, die Hunde zur Hecktüre raus zu lassen und sich dabei den ersten Latte Macchiato auf dem Gasherd zu kochen.

Bis nach Arfeld ist es nur eine kurze Anfahrt und ich kann schon um 9 Uhr, am ehemaligen Bahnhof in Arfeld, den Rundweg Via Adrina beginnen.
Wie gesagt, 1. Mai und es ist alles ruhig.
Einmal unter der Straßenbrücke durch, ein Blick auf die Eder und das Motto des Tages gelesen und dann geht es auch schon die Böschung rauf, scheinbar so schnell wie möglich aus dem Edertal heraus.
Warum trägt dieser Rundwanderweg im alten Kelten Land einen lateinischen Namen?
Scheinbar scheint einer der ersten nachgewiesenen Namen der Eder, Adrina zu sein.
Hört sich toll an und ist doch so simpel.

Via Adrina - 02
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Via Adrina - 03
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Via Adrina - 04
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Via Adrina - 05
Via Adrina - 05

An der ersten Aussichtskanzel angekommen bietet sich schon mal ein wunderbarer Blick ins Edertal und über die Wittgensteiner Höhen.
Und genau das macht diese Wanderung aus. Es gibt ständig tolle Ausblicke über dieses herrliche Mittelgebirge.
Zudem durchwandere ich die ganze Zeit kleine Seitentäler, die von, den heute als Wohnhäusern genutzten, ehemaligen Gehöften geprägt sind.
Die Kulturlandschaft unserer Vorfahren ist hier erhalten geblieben, wahrscheinlich nur etwas mehr Wald dazu gekommen.

Via Adrina - 06
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Via Adrina - 07
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Via Adrina - 08
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Nach etwa einer Stunde rückt die Welt zumindest ein klein wenig wieder in die alte Ordnung.
Vor mir tauchen zwei Mädels mit Rucksack auf dem Wanderweg auf.
Und, oh ja last euch nicht unter kriegen, zumindest eine hat ne Bierdose in der Hand.
Sie ziehen laut quatschend ihre Bahn und lassen mich mit den schnellen Hunden gerne passieren.

Via Adrina - 09
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Via Adrina - 11
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Via Adrina - 12
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Via Adrina - 13
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Via Adrina - 14
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Via Adrina - 15
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Immer öfter verlassen wir die Forstwege und wandern auf unterschiedlichsten Pfaden längs und quer durch den Wald.
So mancher Bogen ist ein Umweg, aber abwechslungsreicher kann man unseren Wald nicht erleben.

Nach knapp drei Stunden sind wir wieder unten an der Eder angekommen.
Erste Pause und dann geht es, dem Edertal folgend, Richtung Schwarzenau.

Schwarzenau, ein kleiner, hübscher Ort mit weniger als 1000 Einwohnern, aber mit dem Wohnsitz des Fürsten zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.
Schon lange bevor die Familie das Schloss Wittgenstein in Bad Laasphe verkaufte, wurde das ehemalige Herrenhaus Schwarzenau der neue Wohnsitz der Fürsten Familie.
Ein kleiner Park und das alte Fachwerk Wirschaftsgebäude aus dem 18. Jahrhundert runden die kleine Anlage in diesem unscheinbaren Ort ab.

Direkt beim Wirschaftsgebäude geht es die andere Talseite wieder hinauf, ordentlich hinauf.
Oben angekommen bietet sich ein schöner Blick übers Edertal und Schwarzenau.
Bevor ich ganz oben ankomme, streife ich noch den aus ca. 20 Häusern bestehenden Orstteil Oberes Hüttental.
Ein Traum wie die Menschen hier oben wohnen.

Via Adrina - 18
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Via Adrina - 19
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Via Adrina - 20
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Die nächste Aussichtsplattform naht, bietet jetzt einen Blick Richtung Süden über die Höhen des Wittgenstein.
Irgendwann findet Boots mal wieder ein verendetes Reh am Wegesrand.
Dank mobilem Internet kann ich schnell den lokalen Hegering Vorsitzenden in Erfahrung bringen, der auch glücklicherweise ans Handy geht.
Zehn Minuten später telefoniere ich schon mit dem Jagdpächter, kann ihm die Bilder und Koordinaten senden und dank Corona ist er auch nicht "Tanz in den Mai" oder "1. Mai" angeschlagen.

Via Adrina - 21
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Via Adrina - 22
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Via Adrina - 23
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Während des Telefonats geht es schon wieder abwärts nach Arfeld.
Noch ein schnuckeliges Örtchen, mit einem kleinen Heimatmuseum, das natürlich geschlossen ist.

Eigentlich liegt jetzt nur noch ein kleiner bebauter Hügel zwischen uns und dem Wohnmobil.
Man könnte auch einfach ein paar hundert Meter drum rum gehen.
Aber die Via Adrina führt noch mal über kleine Pfade Richtung Dotzlar.
Wir treffen dort noch für einige hundert steile Meter auf den Wittgensteiner Schieferpfad, bevor es die alte Bahntrasse zurück zum ehemaligen Bahnhof Arfeld geht.

Via Adrina - 24
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Via Adrina - 25
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Via Adrina - 26
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Via Adrina - 27
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Via Adrina - 28
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Via Adrina - 29
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Nach 22 Kilometern und ca. 600 Höhenmetern haben sich meine beiden Begleiter eine leckere Belohnung verdient.
Neben dem Wittgensteiner Schieferpfad ist diese Wanderung das zweite Muss im Wittgensteiner Land.

Via Adrina - 30
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Via Adrina - 31
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